· 

Nachhaltiger Ersatz für Toilettenpapier


NACHHALTIGER ERSATZ FÜR TOILETTENPAPIER

Nie wieder Klopapier kaufen

 

Schon lange wollte ich der Umwelt zuliebe auf Klopapier verzichten und stattdessen auf waschbare Tücher umsteigen, doch mir fehlte etwas die Motivation für eine Umstellung. Den nötigen Motivationsschub bereitete mir der Corona-bedingte Mangel an Klopapier in den Geschäften. Auch die Tatsache, dass gekauftes Toilettenpapier bei mir in letzter Zeit oft nach Weichspüler und nach Drogerie roch, was für mich mit Multipler Chemikalienunverträglichkeit (MCS) zu unangenehmen Symptomen führt und eine Belastung im Alltag darstellt, half die Umstellung endlich in Angriff zu nehmen. Das Plastik in dem herkömmliches Klopapier verpackt ist, belastet die Umwelt, Bäume werden für Klopapier gefällt, mit Wald-zerstörenden Großmaschinen verarbeitet, mit LKWs transportiert, mit hohem Energieaufwand, Wasserverbrauch und Chemikalieneinsatz zu Papier verarbeitet, in Folie verschweißt und unter Abgasproduktion zum Händler befördert. Laut WWF werden für Toilettenpapier Urwälder in Skandinavien und Russland sogar kahlgeschlagen und zerstört, trotz FSC Siegel auf dem Papier, mehr dazu im Artikel Wenn Urwald zu Klopapier wird. Das alles stört mich, denn ich liebe Mutter Erde und es geht auch etwas umweltschonender.

 

Der Begriff "waschbares Klopapier" (auf Englisch als "Family Cloth" bezeichnet) schreckt erstmal etwas ab, doch der Umwelt zuliebe verwenden viele Mütter heute auch wieder waschbare Windeln, dagegen sind die waschbaren Toilettentücher doch eigentlich eine Kleinigkeit. Man muss die benutzten Stoff-Toilettentücher auch nie ansehen oder anfassen, sie werden einfach nach dem Gebrauch in einen Wäschesack gegeben und der gesamte Sack wird später mit Inhalt in der Waschmaschine bei 60° gewaschen. Danach sind die Tücher rein und hygienisch sauber, Keime sind abgetötet und entfernt. Es funktioniert im Grunde nicht anders als das Waschen von Unterwäsche, es ist also ganz einfach und überhaupt nicht ekelig.

 

So klappt's mit waschbaren Toilettentüchern

 

Die waschbaren Toilettentücher kann man aus alten Handtüchern, Waschlappen, Bettwäsche oder anderen Stoffresten selber nähen. Man schneidet rechteckige Stoffstücke zurecht und näht die Ränder um, ca. 15 x 15 cm oder 10 x 12 cm wären passende Größen für das Endergebnis. Kreative nähen auch Druckknöpfe an den Enden an, so kann man die Tücher zu einem langen Stoffstreifen zusammenknöpfen, den man aufrollt wie eine herkömmliche Klopapierrolle. Oder man näht Schlaufen an einer Seite an und hängt die Tücher damit nebeneinander am Klorollenhalter auf (auf Pinterest findet man Beispielbilder).

 

Das Nähen fällt mir selbst schwer, so habe ich waschbare Gesichts-Kosmetiktücher aus Bio Baumwolle gekauft. Die Kosmetiktücher haben witzigerweise den passenden Namen "POPOlini". Sie besitzen eine flauschige und eine glattere Seite und sind knapp 10 x 12 cm groß, das ist in etwa die Größe von einem Blatt Klopapier von der Rolle. Es gibt sie in bunt und naturfarben, ich habe die ungefärbten Kosmetiktücher gewählt, denn auch Bio Baumwolle wird meist mit giftigen Chemikalien gefärbt, ungefärbte Baumwolle enthält weniger Toxine und Schadstoffe. Wer Farbe möchte, könnte die Tücher mit Färberpflanzen selbst einfärben (dabei sollte man auf giftiges Aluminium/Alaun verzichten, das manchmal dabei verwendet wird, grüne Wallnussschalen sollen z.B. geeignet sein, um Stoffe ohne Chemikalien braun zu färben).

Die Popolini Kosmetiktücher sind nicht perfekt, sie sind leider vom Hersteller in Plastik verpackt, man kann auch Baby-Stoffreinigungstücher, Baby-Waschlappen aus Bio Baumwolle oder aus Bambus, oder Stofftaschentücher als Toilettentücher verwenden. Ich achte darauf, Produkte ohne ein eingenähtes Kunstfaseretikett zu kaufen (ich frage vorher beim Hersteller nach), ich möchte beim Waschen möglichst gar kein Mikroplastik mehr erzeugen und ins Abwasser leiten, außerdem würde ich die Tücher gerne kompostieren, wenn sie irgendwann kaputt sind, darum ist mir jetzt bei textilen Neuanschaffungen wichtig, dass möglichst alles inklusive eingenähter Etiketten aus Naturmaterialien ohne Plastik besteht, leider ist dies auch bei besten, ökologischen Bio-Stofftüchern aus angeblich 100% Naturmaterialien, die in Karton verpackt sind, oft nicht der Fall, das eingenähte Polyester-Etikett wird komischerweise meist unterschlagen (bei den Popolini Tüchern ist kein Etikett eingenäht).

Selber nähen ist sicher am besten und am umweltfreundlichsten.

 

Stoff-Toiletten-Tücher können beim Gebrauch mit etwas lauwarmem Wasser benetzt und wie feuchtes Toilettenpapier verwendet werden. Man kann sie in einer Schale, in einem Korb, in einem Glas oder in einem kleinen Stoffbeutel am WC griffbereit platzieren.

 

Neben dem WC steht bei mir ein Weidenkorb-Mülleimer mit einem alten Kopfkissenbezug, oder einer Stofftasche als Wäschesack darin, da kommen benutzte Tücher hinein. Bevor alle sauberen Tücher verbraucht sind, wird der Wäschesack, mit den schmutzigen Tüchern darin, bei 60°C im Programm Bunt- und Kochwäsche mit Waschsoda und reiner Sauerstoffbleiche gewaschen (man kann natürlich auch einfach biologisches Waschmittel ohne Schadstoffe und ohne Duftstoffe verwenden), als Weichspüler gebe ich etwas Essig ins Weichspülerfach.

 

Wenn die benutzten Tücher bis zum Waschen luftig gelagert werden und schnell trocknen können, wie in meinem Weiden-Papierkorb, entstehen keine Gerüche, in einem geschlossenem Plastikeimer kann das anders sein. Vorbeugend, könnte man auch etwas Waschsoda auf das schmutzige Tuch geben, um Gerüche zu verhindern, das wird manchmal bei Stoffwindeln empfohlen.

 

Praxistest

 

Auch vor der Erfindung der Klopapierrolle wurden schon Stoffreste als Toilettentücher verwendet, ich finde, das macht Sinn. Der erste Tag war für mich etwas ungewohnt, jede Veränderung kostet anfangs Überwindung, aber schon am 2. Tag wurde die Benutzung der Tücher mehr zur Normalität. Sie sind sehr angenehm weich und wenn man sie anfeuchtet, fühlt man sich sehr sauber. Die Naht an meinen gekauften Tüchern könnte hochwertiger sein, die Ränder fransen beim Waschen etwas aus, aber meine Tücher waren auch recht günstig, Babywaschlappen oder selbstgenähte Stoffstücke haben eventuell bessere Nähte, bei Toilettenpapier ist mir das aber nicht so wichtig, sie funktionieren. Es gab bisher keine unangenehmen Gerüche durch die benutzten Tücher. Beim Waschen der Tücher konnte ich den Aufwand auf ein Minimum herunterschrauben, so ist die Methode für mich auch alltagstauglich.

 

Schnell und ohne extra Aufwand waschen

 

Wer wie ich durch chronische Krankheit kaum Kraft zum Wäschewaschen oder nur sehr wenig Zeit hat, kann nicht jedes einzelne Toilettentuch ordentlich mit einer Wäscheklammer auf der Wäscheleine aufhängen, glatt ziehen oder gar bügeln. Als ME/CFS Erkrankte bedeuten Wäsche waschen und Wäsche aufhängen für mich einen Kraftakt und ich muss meine begrenzte Energie sparen, wo es nur geht. Ich wasche die Toilettentücher inzwischen so, dass ich dadurch keinen besonderen Mehraufwand habe:

 

Waschen

Ich mache keine gesonderte Wäsche für die Toilettentücher, ich wasche sie mit anderer Kochwäsche bei 60°C, so habe ich keine zusätzliche Waschmaschinenladung.

 

Viele Tücher = seltenes Waschen

Je mehr Tücher man hat, desto seltener muss man waschen. Ich habe mir zuerst eine kleinere Testmenge zum Ausprobieren gekauft, als ich mit den Tüchern zufrieden war, habe ich eine größere Menge nachgekauft.

 

Trocknen ohne Aufwand

Wäsche aufhängen muss bei mir ganz schnell und kräftesparend ablaufen. Die vielen Toilettentücher verteile ich einfach so zerknittert wie sie sind auf dem Wäscheständer, dafür lege ich den alten Kopfkissenbezug, der als Wäschesack dient (oder mehrere Stofftücher, die in derselben Wäsche waren), waagerecht auf den Wäscheständer und schütte die Toilettentücher darauf aus. So trockne ich auch meine Socken und Unterwäsche.

 

Knitterlook im Bad

Die sauberen, trockenen, immer noch knittrigen Tücher staple ich nicht mehr ordentlich übereinander, um sie in einer Schale auszulegen, sondern stopfe sie inzwischen einfach in einen kleinen Stoffbeutel der am Klorollenhalter hängt, man kann sie auch in ein großes Glas geben, wie im Bild weiter oben oder in einen Korb. Diese Art des Waschens und Aufbewahrens im Knitterzustand, ist für mich am einfachsten und kostet kaum Kraft und Zeit.

 


Vor- und Nachteile von waschbaren Toilettentüchern

Vorteile:

  • Nie wieder Klopapier kaufen, selbstgemachte Tücher sind sogar kostenfrei, man muss keine sperrigen Packungen mehr transportieren und spart Geld
  • 2 in 1: Feuchte und trockene Toilettentücher in einem
  • Die Umwelt wird geschont durch weniger Müll, weniger Abgase und Chemikalien, weniger Bäume werden gefällt
  • Keine fremden, chemischen Gerüche mehr an Toilettenpapier von außen für MCS Betroffene
  • Die Toilette verstopft nicht mehr durch die Verwendung von zu viel Klopapier

Nachteile:

  • Man muss die Tücher waschen
  • Es können sich Flecken bilden, die sichtbar bleiben. Mögliche Gegenmaßnahmen:
    • Die Tücher in reiner Sauerstoffbleiche über Nacht einweichen
    • Den Stoff mit Pflanzen dunkel einfärben (z.B. mit grünen Wallnussschalen)
    • Bei selbstgenähten Tüchern dunkle Stoffreste verwenden
    • Vor der Benutzung der Tücher eine Po-Dusche verwenden

 

Weitere Möglichkeiten für nachhaltiges Klopapier

Neben waschbaren Tüchern gibt es noch weitere Alternativen zum Toilettenpapier von der Rolle:

  • Klopapier aus 100% Altpapier ohne Plastikverpackung, das in Deutschland hergestellt wird, findest Du über den Blog Besser Leben ohne Plastik
  • Bidet verwenden falls vorhanden
  • Po-Dusche Happy Po oder alternativ eine Wasserflasche verwenden
  • Blätter von Pflanzen: Huflattichblätter mit ihrer unterseits weichen Oberfläche heißen auch "Wanderers Klopapier". Die Blätter der Pestwurz sollen schon in bronzezeitlichen Ausgrabungen als Klopapier gefunden worden sein, in Bayern gibt es für diese Pflanze angeblich die Bezeichnung "Arschwurzen" (das kann ich als Nordlicht nicht beurteilen). Die Biologin Ursula Stratmann hat auf ihrer Facebookseite Kräuterguru kürzlich ihre Top 6 des Wildnistoilettenpapiers vorgestellt:
    1. Königskerzenblätter
    2. Huflattichblätter
    3. Pestwurzblätter
    4. Blätter der großen und kleinen Klette
    5. Blätter vom Stumpfblättrigen Ampfer und vom Flussampfer
    6. Blätter der Sommerlinde (7-lagig verwenden)

 


Fazit

 

Ich bin mit meinen Tüchern zufrieden, fühle mich besser, weil für meine Hygiene die Umwelt zukünftig weniger belastet wird, als bisher und ich vermisse nichts. Der Aufwand ist minimal und meine weichen Tücher sind mir inzwischen sogar lieber als Papiertücher. Ich kann waschbare Toilettentücher/Family Cloth nur empfehlen.

 

Von einem wundervollen Menschen, den ich auf Facebook kennenlernen durfte, habe ich die WIDEG Methode gelernt. WIDEG steht für "Wofür ist das eine Gelegenheit?". Wenn man mit einer schwierigen Situation oder mit einem Problem konfrontiert wird, kann man sich immer fragen, wofür man diese Situation positiv nutzen könnte, so lässt es sich viel angenehmer mit Erschwernissen umgehen, man fühlt sich weniger ausgeliefert und hilflos, kann stattdessen sogar Positives aus dem Problem entwickeln. Die Corona Zeit ist eine perfekte Gelegenheit um auf umweltfreundliche Toilettentücher umzusteigen, zumindest für mich, so bin ich bei Klopapiermangel viel gelassener, ich weiß aber, dass das nicht für jeden machbar ist. Wofür ist die jetzige Zeit eine gute Gelegenheit für Dich?

 


UPDATE

20. Februar 2022

 

Seit fast 2 Jahren verwende ich nun die waschbaren Toilettentücher. Ich hatte mir nochmal eine größere Menge der oben genannten Tücher dazugekauft, damit ich nicht so oft waschen muss. Wenn ungefähr die Hälfte der Tücher schmutzig ist, wasche ich diese, so stehen wieder genug neue, saubere Tücher zur Verfügung, bevor alle übrigen Tücher aufgebraucht sind und sie gehen mir nicht aus. Wenn ich krankheitsbedingt länger nicht zum Waschen komme, greife ich auch auf herkömmliches Klopapier zurück, jedoch gefallen mir meine waschbaren Tücher weiterhin viel besser, weil man sich sauberer fühlt und sie im angefeuchteten Zustand einfach weicher und angenehmer sind als Klopapier.

Die geringe Stoffmenge der kleinen Tücher füllt auch in großer Anzahl keine ganze Waschmaschine und ich wasche sie immer nur mit anderer Wäsche zusammen, die sowieso angefallen wäre, die kleinen Tücher erzeugen bei mir also keinen größeren Wasser- und Stromverbrauch.

Gestank entsteht bei mir durch die benutzen Tücher im Wäschebeutel nicht. 

Die Tücher sind durch das häufige Waschen auch nicht nennenswert weiter am Rand ausgefranst und halten sehr gut.

Meine sauberen Tücher lagere ich inzwischen in einem Körbchen am WC, es macht noch weniger Aufwand nach dem Waschen, die Tücher nur ins Körbchen zu schütten, anstatt sie in ein Beutelchen zu stopfen.

  

Ich bin auch nach fast 2 Jahren noch sehr zufrieden mit dieser Methode.